Philosophische Grundlagen

…es geht um die Freiheit des schöpferischen Moments, der uns stets zur Verfügung steht, um etwas Neues zu beginnen.

Philosophische Grundlagentexte und Zitate zur aktuellen Ausstellungsreihe von Hannah Arendt, Michel Foucault und Theodor W. Adorno.

Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein.

Quelle: Theodor W. Adorno (1951): Minima Moralia.

Hannah Arendt
(…) „Dem Handeln ist es eigentümlich, Prozesse loszulassen, deren Automatismus dann dem natürlichen Prozesse sehr ähnlich sieht, und es ist ihm eigentümlich, einen neuen Anfang zu setzen, etwas Neues zu beginnen, die Initiative zu ergreifen oder, Kantisch gesprochen, eine Kette von selbst anzufangen. Das Wunder der Freiheit liegt in diesem Anfangen-Können beschlossen, das seinerseits wiederum in dem Faktum beschlossen liegt, daß jeder Mensch, sofern er durch Geburt in die Welt gekommen ist, die vor ihm da war und nach ihm weitergeht, selber ein neuer Anfang ist.

      Diese Vorstellung, daß Freiheit identisch ist mit Anfangen oder, wieder Kantisch gesprochen, mit Spontaneität, ist uns sehr fremd, weil es im Zuge unserer Tradition begrifflichen Denkens und seiner Kategorien liegt, Freiheit mit Willensfreiheit zu identifizieren und unter Willensfreiheit die Freiheit der Wahl zwischen Vorgegebenen, grob gesprochen: dem Guten und dem Bösen, zu verstehen, aber nicht die Freiheit, einfach zu wollen, daß dies oder jenes so oder anders sei.
(…)
     Wenn es also im Zuge der Ausweglosigkeit, in die unsere Welt geraten ist, liegt, Wunder zu erwarten, so verweist diese Erwartung uns keineswegs aus dem ursprünglichen politischen Bereich heraus. Wenn der Sinn von Politik Freiheit ist, so heißt dies, daß wir in diesem Raum – und in keinem anderen –  in der Tat das Recht haben, Wunder zu erwarten. Nicht weil wir wundergläubig wären, sondern weil die Menschen, solange sie handeln können, das Unwahrscheinliche und Unerrechenbare zu leisten imstande sind und dauernd leisten, ob sie es wissen oder nicht.“

Quellenangabe: Hannah Arendt (2017)(2005): Denken ohne Geländer. Texte und Briefe. Piper Verlag, S. 84-86

Michel Foucault
 „Wie ist es möglich, daß man nicht derartig, im Namen dieser Prinzipien da, zu solchen Zwecken und mit solchen Verfahren regiert wird – daß man nicht so und nicht dafür und nicht von denen da regiert wird?“
    „Wobei der (…) „Entstehungsherd der Kritik im wesentlichen das Bündel der Beziehungen zwischen der Macht, der Wahrheit und dem Subjekt ist. Wenn es sich bei der Regierungsintensivierung darum handelt, in einer sozialen Praxis die Individuen zu unterwerfen – und zwar durch Machtmechanismen, die sich auf Wahrheit berufen, dann würde ich sagen, ist die Kritik die Bewegung, in welcher sich das Subjekt das Recht herausnimmt, die Wahrheit auf ihre Machteffekte hin zu befragen und die Macht auf ihre Wahrheitsdiskurse hin. Dann ist die Kritik die Kunst der freiwilligen Unknechtschaft, der reflektierten Unfügsamheit. In dem Spiel, das man die Politik der Wahrheit nennen könnte, hätte Kritik die Funktion der Entunterwerfung.“

Quellenangabe: Michel Foucault (1992): Was ist Kritik? S. 11-12; S. 14-15.

Theodor W. Adorno

„Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles.“

Quelle: Minima Moralia; 1951

Dialektik ist, als philosophische Verfahrungsweise, der Versuch, mit dem ältesten Medium der Aufklärung, der List, den Knoten der Paradoxie zu entwirren. Nicht zufällig war das Paradoxon seit Kierkegaard die Verfallsform von Dialektik. Dialektische Vernunft folgt dem Impuls, den Naturzusammenhang und seine Verblendung, die im subjektiven Zwang der logischen Regeln sich fortsetzt, zu transzendieren, ohne ihre Herrschaft ihm aufzudrängen: ohne Opfer und Rache. Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein.

Quelle: Theodor W. Adorno (1951): Minima Moralia.